NOVUM – Mitarbeitendenmagazin

Harmonisierung stärkt Führung und Effizienz

Mit dem MaMo24+ wird die Führungsstruktur neu organisiert: Statt einzelner Geschäftsleitungen in jeder Spitalregion gibt es neu eine Geschäftsleitung für das ganze Unternehmen der öffentlichen St.Galler Spitäler. Als Folge davon wird per 1. Januar 2025 ein Ärztlicher Direktor die Klinik für Allgemeine Innere Medizin mit den vier Standorten St.Gallen, Grabs/Altstätten, Wil und Linth führen. Für die Mitarbeitenden ändere sich dadurch im Spitalalltag nicht viel, sagt Dr. Yves Crippa, Chefarzt der Inneren Medizin am Spital Grabs.

Text: Marion Loher
Foto: Reto Martin

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Auf der Station der Inneren Medizin am Spital Grabs ist Essenszeit. Aus den Servierwagen werden Essenstabletts genommen und den Patientinnen und Patienten aufs Zimmer gebracht. Dr. Yves Crippa, Chefarzt der Inneren Medizin, läuft über den Gang, vorbei an den Essenswagen, und grüsst freundlich. Mit einigen Pflegefachkräften hält der 62-Jährige einen kurzen Schwatz. Es wird gelacht. Man spürt, das Verhältnis ist gut. Die Mitarbeitenden sind dem Chefarzt wichtig. «Die Harmonisierung der vier Spitalstandorte bereitete vielen Sorgen», sagt Yves Crippa. «Sie wussten nicht genau, was auf sie zu kommt, und fragten sich, weshalb etwas, das gut funktioniert, geändert werden müsse.» Mit transparenter Kommunikation habe er versucht, seinen Mitarbeitenden die grössten Ängste zu nehmen. «Für die meisten ändert sich durch die Umsetzung des MaMo24+ nicht viel in ihrem beruflichen Alltag.»

Keine Angst vor Autonomieverlust

Was sich aber ändert, ist die Organisation auf Führungsebene. Bisher besass jede Spitalregion eine eigene Geschäftsleitung, in der die verschiedenen Ressorts vertreten waren. In der Spitalregion Rheintal Werdenberg Sarganserland (SRRWS) war es in den vergangenen zehn Jahren für die Innere Medizin Yves Crippa. Neu haben dieselben Kliniken aller vier Spitäler einen Ärztlichen Direktor, der die Interessen seines Fachbereichs in der Geschäftsleitung vertritt. Für die Innere Medizin ist dies Prof. Dr. Michael Brändle vom KSSG. Er wird künftig beispielsweise auch die Budgets der Inneren Medizin aller vier Spitalregionen konsolidieren und gegenüber der neuen Geschäftsleitung verantworten müssen. Für die Innere der SRRWS war bisher Yves Crippa dafür zuständig. Für ihn sei das kein Problem, er habe keine Angst vor Autonomieverlust. «Michael Brändle und ich arbeiten schon lange zusammen. Wir verstehen uns sehr gut und können uns da gegenseitig unterstützen», sagt Yves Crippa, der seit 30 Jahren am Spital Grabs arbeitet und seit 27 Jahren den Chefarztposten innehat.

Mit dem MaMo24+ werden verschiedene Prozesse harmonisiert. Als Beispiel nennt der Chefarzt den Umgang mit Patientinnen und Patienten mit Suchterkrankungen. «Bisher hatte jedes der vier Spitäler sein eigenes Konzept. Neu ist es so, dass es für alle dasselbe geben wird.» Für seine Mitarbeitenden werde dies in den allermeisten Fällen keine grosse Umstellung bedeuten. Zudem seien bereits vor der Harmonisierung die fachlichen Empfehlungen in allen vier Spitalregionen gleich oder ähnlich umgesetzt worden. «In der Orthopädie beispielsweise wird den Patientinnen und Patienten vor dem Einsetzen eines künstlichen Hüftgelenks an allen vier Standorten dasselbe Antibiotikum in der gleichen Dosis verabreicht, um das OP-Infektionsrisiko so gering wie möglich zu halten.»

Obwohl die vier Spitäler geografisch weit auseinanderliegen, sind sie durch die Harmonisierung näher zusammengerückt: Alle drei Monate treffen sich deren Chefärzte der Inneren Medizin und der Klinikdirektor des Zentrumsspitals zu einer Sitzung. Ein Austausch, der vorher in dieser Regelmässigkeit nicht stattgefunden hat. «Umso mehr schätze ich ihn jetzt», sagt Yves Crippa.

Unternehmerischen Spielraum vergrössern

Im Hinblick auf künftige Herausforderungen wie die angespannte finanzielle Situation, den Fachkräftemangel oder die zunehmenden Qualitätsanforderungen sieht er das MaMo24+ als notwendig. «Mit der Umsetzung kann der unternehmerische Spielraum vergrössert respektive die politische Abhängigkeit verringert werden. Wir bleiben gegenüber Spitälern, die als Aktiengesellschaft oder als Stiftung organisiert sind, eher konkurrenzfähig», sagt der Chefarzt. Er weiss aber auch, dass eine solche Zusammenlegung Risiken birgt. Die Bedeutung der einzelnen Spitäler für die Region dürfe nicht unterschätzt werden. «Gut ausgelastete Angebote wie unsere Schlaganfallstation oder die gynäkologische Tumorchirurgie müssen auch künftig den Patientinnen und Patienten unserer Region, inklusive Fürstentum Liechtenstein und Sarganserland, zur Verfügung stehen. Denn nur mit qualitativ hochstehenden Angeboten können wir die Funktion einer Eintrittspforte für das Zentrumsspital in St.Gallen wahrnehmen.» Andernfalls sei mit einer Abwanderung der Patientinnen und Patienten in den Kanton Graubünden zu rechnen. Wichtig ist für Yves Crippa auch, dass bei der Besetzung von Kaderpositionen oder bei Beförderungen Mitarbeitende aller vier Spitäler berücksichtigt werden. «Sonst gehen dem Unternehmen erfahrene und engagierte Mitarbeitende verloren», sagt er.

Der Erfolg des neuen Unternehmens hänge aber auch von den zwischenmenschlichen Beziehungen der Chefärzte/-innen und Fachbereichsleiter/-innen aus den Regionalspitälern mit jenen des Zentrumsspitals ab. «Diese Zusammenarbeit ist aktuell sehr partnerschaftlich, konstruktiv und konsensorientiert – und das soll auch im neuen Unternehmen so bleiben.»

Dieselben Arzneimittel für alle Spitäler

Die Harmonisierung der Spitalpharmazie ist weit fortgeschritten: Drei der vier Regionalspitäler, darunter das Spital Linth, beziehen ihre Arzneimittel mittlerweile vom KSSG. Apothekerin Tanja Landolt war an der Umstellung der Abläufe vor Ort und der Einführung der neuen Belieferung nach Uznach beteiligt.

Unzählige Schachteln mit Tabletten, Ampullen und Suppositorien, zahlreiche Salben und Infusionen: Die Regale im Lager der Spitalpharmazie des KSSG sind gut gefüllt. Das ist auch nötig, denn seit drei Jahren werden das Spital Wil sowie die Geriatrische Klinik St.Gallen und neu seit Mai 2024 ebenfalls das Spital Linth aus diesem Vorrat mit Arzneimitteln beliefert. Die Zusammenführung der Spitalapotheken zu einer Spitalpharmazie ist Teil des Managementmodells 2024+, und im Frühling 2025 wird mit dem Spital Grabs der vierte und letzte Standort hinzukommen.

Zwischen den Regalen steht Apothekerin Tanja Landolt. Sie arbeitet seit bald zwei Jahren in der Spitalpharmazie des KSSG. Die 30-jährige Bronschhoferin, die mitten in der Weiterbildung zur Fachapothekerin Spitalpharmazie steckt, hat das Spital Linth bei der Umstrukturierung seiner pharmazeutischen Abteilung eng begleitet. Hierfür war sie seit dem Go-Live Anfang Mai 2024 mehrfach in Uznach vor Ort. «Ich habe die Pharma-Assistentinnen vor allem am Anfang bei der Umstellung unterstützt und sie laufend geschult», sagt Tanja Landolt. Das Betriebssystem sei zwar dasselbe geblieben, doch die Abläufe hätten sich geändert. «Zudem mussten die Stammdaten zahlreicher Arzneimittel neu erfasst oder angepasst werden.» Abgesehen von ein paar «Stolpersteinen», wie anfänglichen Übermittlungsproblemen beim Bestellen, sei die Umstellung gut verlaufen, so die Apothekerin. Die Patientensicherheit sei zu jeder Zeit gewährleistet gewesen. «Mittlerweile funktioniert das System mehrheitlich problemlos.»

Neue Arzneimittel schrittweise eingeführt

Vor der Zusammenführung hat sich das Spital Linth selbst um seine Arzneimittelbewirtschaftung gekümmert: Es gab eine Spitalapotheke und die Pharma-Assistentinnen erledigten die Einkäufe eigenständig. Neu ist es so, dass die Arzneimittel bei der Spitalpharmazie des KSSG bestellt werden. Diese kauft die Arzneimittel ein, kommissioniert sie und verteilt sie dann an die drei Spitäler, auch an das Spital Linth. Geliefert werden die Arzneimittel von Montag bis Freitag einmal täglich. Die Pharma-Assistentinnen des Spitals Linth nehmen die Boxen mit den Arzneimitteln in Empfang. «Der Eingang der Ware wird elektronisch bestätigt», erklärt die Apothekerin. Danach wird die Lieferung nach Spitalabteilungen sortiert und für die Pflegefachleute zum Abholen bereit gemacht.

Eine der grössten Herausforderungen für die Pharma- Assistentinnen im Spital Linth war die Harmonisierung des Arzneimittelsortiments. Sie mussten sich nicht nur an neue Namen und Präparate gewöhnen, sondern deren Stammdaten auch in ihrem Bestellsystem neu erfassen. Das sei viel Arbeit gewesen, sagt Tanja Landolt. Doch die Pharmazie-Mitarbeiterinnen hätten sich gut organisiert und schon früh begonnen, die Arzneimittel des KSSG schrittweise einzuführen. Veränderungen wird es künftig auch bei der Bewirtschaftung des Arzneimittellagers geben. «Ziel ist es, das jetzige Lager aufzulösen und nur noch ein kleines Notfall- und Antidotsortiment mit den wichtigsten Notfallarzneimitteln vor Ort zu führen.» Für die Pflegestationen respektive Abteilungen bedeutet dies, dass sie ihre Arzneimittelbestellung auch über das Wochenende hinaus planen müssen.

Viele Vorteile für die kleineren Spitäler

Die Zentralisierung der Spitalpharmazie und die Harmonisierung des Arzneimittelsortiments bieten gemäss Tanja Landolt mehrere Vorteile: Die Arzneimittel können in grösseren Mengen und somit zu besseren Preisen eingekauft werden. Kleinere Spitäler, wie das in Uznach, erhalten Zugang zu einem umfangreicheren Sortiment mit einer Vielzahl an Arzneimitteln. «Und sie profitieren von unserem Fachwissen.» Neben Tanja Landolt arbeiten drei weitere Apothekerinnen in der klinischen Pharmazie am KSSG. Eine von ihnen hat jeweils Tagesdienst und steht den Ärztinnen und Ärzten sowie den Pflegefachkräften bei Fragen, beispielsweise zur Kompatibilität verschiedener Arzneimittel oder zur richtigen Anwendung spezieller Arzneimittel, zur Verfügung. «Bis jetzt wird diese Dienstleistung vom Spital Linth noch wenig genutzt», sagt Tanja Landolt. Aber, fügt sie an, das Angebot sei dort auch noch nicht so bekannt. Zudem stellten sie der Ärzteschaft und den Pflegenden auf der Intranetseite der Spitalpharmazie diverse Informationen zum Sortiment bereit, wie Merkblätter zu verschiedenen Arzneimitteln, eine Teilbarkeits- oder eine Kompatibilitätsliste. «Da nun alle dieselben Arzneimittel einsetzen, können auch alle von uns belieferten Regionen dieses Angebot nutzen.»

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