NOVUM – Mitarbeitendenmagazin

Generationen vereint am KSSG

Babyboomer, Generation X, Millennials, Generation Z – am Kantonsspital St.Gallen arbeiten vier Generationen für das gleiche Ziel. Und jede Generation bringt ihre eigenen Kompetenzen und Perspektiven mit ein. Begleiten Sie uns auf einer Reise durch die Generationenvielfalt unseres Unternehmens.

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Text: Martina Kaiser
Foto: Reto Martin

Eine Familie, ein Beruf, ein Arbeitsort

Mutter, Vater, Tochter, Sohn – sie alle arbeiten am Kantonsspital St.Gallen. Und alle in der Pflege. Warum sich Debora und Renato d’Hondt gerade jetzt für diese Ausbildung entschieden haben, wie die Eltern Cornelia und Jacques d’Hondt die Veränderungen in den vergangenen Jahrzehnten erlebt haben und welche Themen die vier beschäftigen, erzählen sie im Gespräch.

Es war am Personalfest 1994. Sie stand etwas weiter hinten in der Schlange, die Freundin machte sie auf ihn aufmerksam: «Du, das ist doch der, den wir vor Kurzem auf der Skipiste gesehen haben.» Cornelia d’Hondt war nicht interessiert. Angesprochen hat sie Jacques d’Hondt trotzdem – und schliesslich den ganzen Abend mit ihm verbracht. «Ich bin nach der Verabschiedung sogar zu ihm zurückgekehrt, um ihn nach seiner Telefonnummer zu fragen », erinnert sich Cony. Und das wiederum habe für ihn den Unterschied gemacht, meint Jacques. «Ich dachte: wenn eine Frau dich schon um deine Nummer bittet, dann ist das etwas Besonderes, dann musst du diese Frau behalten.» Und das tat er auch.

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Männer mögen das «Chirurgische», Frauen das «Medizinische»
27 Jahre sind die beiden nun verheiratet, haben sechs Kinder. Zwei davon absolvieren derzeit ihre Ausbildung als diplomierte Pflegefachpersonen HF am Kantonsspital St.Gallen: Debora und Renato. Sie ist aktuell in der Urologie tätig, er im Haus 03 in der Orthopädie. Das «Chirurgische» gefalle ihm, sagt Renato. Ganz wie seinem Vater, der nach seiner Ausbildung als Pflegefachmann in Holland über verschiedene Stationen in die Schweiz kam und stets auf chirurgischen Stationen gearbeitet hat – erst am Kantonsspital St.Gallen, dann am Inselspital Bern und seit 2016 wieder am KSSG. Vergangenes Jahr wurde Jacques pensioniert.

Debora hingegen möchte nach der Ausbildung lieber auf einer Station der Inneren Medizin arbeiten, am liebsten für die Onkologie, wie ihre Mutter. Auf die Station 02.04 darf die 24-Jährige während ihrer Ausbildung aber nicht. Es wäre zu nah, die Mutter befangen. Auch privat sehen sich die vier kaum, weder zu Hause noch auf dem Campus – andere Schichten, andere Essenszeiten. Und immer zu wenig Zeit. Vor allem jetzt, wo Stellen unbesetzt sind und jede Hand benötigt wird.

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Langer Weg zur Pflegefachfrau
Der Fachkräftemangel war jedoch nicht der Grund, warum sich Debora vor zwei Jahren dazu entschloss, die Ausbildung zur diplomierten Pflegefachfrau zu absolvieren. Auch Corona nicht. «Der Zeitpunkt war reiner Zufall, ich hatte meinen Weg einfach noch nicht gefunden.» Dieser führte sie nach der Schule erst nach Paris und Amsterdam, wo sie ein Jahr lang als Au-pair arbeitete, dann nach Bern und Zürich, wo sie Musikund Kommunikationswissenschaft studierte. Das Studium sei ihr dann aber «zu wenig am Menschen» gewesen, deshalb kehrte sie nach St.Gallen zurück und begann die Ausbildung zur Primarlehrerin an der Pädagogischen Hochschule. Da wiederum empfand sie den Inhalt des Lehrstoffes als zu wenig interessant – und kam zum Schluss: Es muss Richtung Medizin gehen.

Da ihre Eltern stets positiv über den Pflegeberuf sprachen, entschied sich Debora schliesslich, denselben Weg einzuschlagen. Natürlich habe sie gewusst, dass es streng werden würde: «Aber ich war schon überrascht, wie streng es tatsächlich ist.» Dennoch: Abbrechen kommt nicht in Frage. Dafür gefalle ihr der Job viel zu gut. Und: «Hier kann ich so viel lernen und habe die Möglichkeit, verschiedene medizinische Fachbereiche kennenzulernen, vielleicht auch mal als Ausbildnerin zu arbeiten.»

Anders als Debora wusste Renato genau, dass er mal in der Pflege arbeiten möchte. Auf die Matura folgte der Militärdienst, wo er sich als Sanitätssoldat bewarb. Und dann, im Sommer 2022, für ein Praktikum auf der Hämodialyse des KSSG. Für ihn war auch klar, dass er seine Ausbildung am Spital absolvieren möchte. Das KSSG sei nah am Wohnort, habe gute Anstellungsbedingungen, und er lerne hier im Gegensatz zu Alters- oder Pflegeheimen verschiedene Bereiche kennen. Ja, es habe Freunde gegeben, die ihm gesagt hätten, er solle eine andere berufliche Laufbahn einschlagen. Und ja, er habe sich diese Frage selbst auch gestellt, mehrmals. «Aber was wir hier tun, ergibt einfach Sinn.» Nur manchmal, da hinterfrage er seine Arbeit. Dann, wenn er merke, dass ein Bett schnell wieder freigegeben werden müsse. Zu schnell vielleicht. Auch Cornelia stellt diese Entwicklung fest: «Das Medizinische hat sich weiterentwickelt, das verkürzt den Aufenthalt im Spital. Parallel werden Therapien komplexer, der Pflegeaufwand steigt. Die Zeit für den Patienten hingegen, das Zwischenmenschliche, kommt manchmal zu kurz.» Und dieser Aspekt sei eben auch wichtig für die Genesung, gerade, wenn Menschen alleine seien und niemanden hätten, der zu Hause auf sie warten würde.

Mehr Theorie, weniger Papier
Im Vergleich zu ihrer Ausbildung vor 36 Jahren habe sich einiges verändert, sagt die 54-Jährige. Der Fokus habe früher auf der Praxis gelegen, heute gebe es mehr Theorie: mehr Formulare, mehr Konzepte, Standards, Kompetenzlisten und allgemein viel mehr administrativen Aufwand. «Was aber nicht per se schlecht ist», stellt Cornelia klar. «Gewisse Sachen müssen geregelt sein, anderes ist einfach gesunder Menschenverstand.»

Verändert habe sich auch der Umgang mit elektronischen Medien ebenso wie die Nachfrage nach gut ausgebildetem Personal. «Als ich damals aus dem Mutterschaftsurlaub in einem Teilpensum zurückkehren wollte, hat es geheissen: Nein, geht nicht, mindestens 90 Prozent. Heute werden teils auch Pflegefachpersonen angestellt, die weniger arbeiten möchten.» Positiv, wie Cornelia findet, denn: «Bei denen, die ich kannte, die das Unternehmen verlassen haben, lag die Unzufriedenheit oft in der fehlenden Flexibilität bei den Arbeitszeiten.»

Erlebnisse teilen, gemeinsam verstehen
Die unterschiedlichen Arbeitszeiten und Schichtarbeit führen denn auch dazu, dass die Familie abends kaum mal gemeinsam am Tisch sitzt. Und wenn, dann ist es immer etwas Spezielles – es wird gekocht, gelacht, aber vor allem viel geredet. Cornelia ist dann meist etwas ruhiger und lässt die Kinder erzählen. Weil sie Privates und Berufliches trennt. Und das auch sehr gut kann: trennen, abschalten, die Dinge ruhen lassen. Gibt es dann doch mal ein Erlebnis, das sie nicht loslässt, findet sie in Jacques einen verständnisvollen Zuhörer. Debora und Renato hingegen beschäftigen Fragen wie: Werden Kolleginnen oder Kollegen das Unternehmen verlassen, den Beruf aufgeben, wird es strenger und: Gefällt uns der Beruf auch in einigen Jahren noch? Oft erzählen sie auch einfach von ihrem Tag, von schönen Erlebnissen, aufwühlenden Patientensituationen – und sind froh, diese Erlebnisse teilen zu können. Sie stellen ihren Eltern medizinische Fragen oder fragen, wie sie sich in einer bestimmten Situation verhalten sollen. Und manchmal wollen sie auch einfach nur Dampf ablassen bei jemandem, der zuhört, der es versteht. Und genau darin sehen die vier auch den grossen Vorteil, dass sie alle im gleichen Beruf, am gleichen Ort, für das gleiche Unternehmen arbeiten: im gemeinsamen Verständnis, das es so wohl nur in einer solchen Konstellation geben kann.

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Generationen gehütet Editorial