NOVUM – Mitarbeitendenmagazin

«Im Personalhaus bist du nie alleine»

Jeannette Schrage, Andreas Lonsdorfer und Christina Weihing wohnen im Personalhaus des KSSG. Sie erzählen aus ihrem Alltag und von sympathischen, geschniegelten St.Gallern. Und sie erklären, warum Hutproben nichts im Labor zu suchen haben.

Text: Jessica Künzle
Foto: Bodo Rüedi

«Natürlich wird bei uns gemeinsam gekocht. Bei uns finden auch Treffen zum Feierabend oder mal ein Fest im Wäschli (damit ist die Waschküche gemeint) statt», erklärt Christina Weihing. «Ich glaube, da entsprechen wir ganz dem Klischee.»

«Im Personalhaus ist man nie alleine. Wenn ich jemanden zum Reden brauche, werde ich immer fündig», sagt Jeannette Schrage. Die Berlinerin wohnt seit sechs Wochen hier und kennt auch die Nachteile der wahrscheinlich grössten St. Galler WG: «Manche Leute hinterlassen die Küche dreckig, dann schäme ich mich vor dem Reinigungspersonal.» Die Gemeinschaftsräume wie die Küche und die Bäder werden täglich geputzt, die Tücher ausgetauscht. Das schätzt sie sehr. Ihr fehlen aber die eigene Einrichtung, ihre Möbel, Bücher und Pflanzen. Auf die Frage, was sie denn von zu Hause mitgebracht habe, antwortet sie schnell: «Natürlich Gewürze.»

An eines kann sich die diplomierte Pflegefachfrau aber nicht gewöhnen: «Hier ist es sehr schwierig, einen Parkplatz zu kriegen, und wenn ich dann einen erhalte, muss ich auch noch dafür bezahlen, obwohl ich doch zur Arbeit gehe.» Das sei in der Schweiz so üblich, entgegnet Christina Weihing, die schon seit Oktober 2021 am Kantonsspital St. Gallen arbeitet.

Auf die Frage, wie sie die St. Gallerinnen und St. Galler wahrnehmen, folgt die Antwort prompt: «Sie sind übertrieben freundlich! Sie sind sehr zuvorkommend und zuverlässig, auch wenn du nie weisst, was sie wirklich denken.» Die Menschen seien «geschniegelt und gestriegelt», der Schein sei wichtig.

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Andreas Lonsdorfer, Jeannette Schrage und Christina Weihing erzählen vom Leben im Personalhaus.

Von den Weieren «ambri» ins Stadion

Andreas Lonsdorfer arbeitet schon seit sieben Jahren als diplomierter Pflegefachmann in der Schweiz. Seine Funktion im KSSGnet-Verzeichnis: SpringerTeam extern. «Wir werden eingesetzt, wo es uns braucht: Ich war in Aarau, Langenthal, Aarberg, Zürich und im Wallis.» Er arbeitete in Pflegeheimen, auf einer Traumatologie- und einer Orthopädie-Abteilung sowie auf einer Station für Suchtkranke. Am Kantonsspital St. Gallen ist er in der Privatabteilung der Chirurgie tätig. Der Saarbrücker mag die Abwechslung und kann seinen Erfahrungsschatz ständig erweitern. Besonders die sprachlichen Unterschiede seien in der Schweiz gross: «Ich habe fünf Monate gebraucht, bis ich die Walliser endlich verstanden habe», sagt er und lacht. «Wer kann denn wissen, dass ‹ambri› abwärts heisst?»

In der Schweiz musste er sich an die Arbeitszeiten und die wenigen Urlaubstage gewöhnen. Sein Lieblingsplatz in St. Gallen? «Ich mag die Drei Weieren, aber als Fussballfan bin ich natürlich am liebsten im Stadion.»

Bei einem Thema sind sich die drei einig: Die Kirchenglocken stören in der Nacht. «Wenn du in der Nacht wach liegst, wirst du stets erinnert, dass schon wieder eine Stunde rum ist», sagt Jeannette Schrage. «Ich schlafe ohnehin immer mit Ohropax», ergänzt Andreas Lonsdorfer. «Wenn du im Nachtdienst arbeitest, ist das ein Muss.» Die Zimmer seien aber gut isoliert, von den Nachbarn oder Partys höre man nichts.

Eigene Fritteusen, Hutproben und andere Kuriositäten

Christina Weihing aus Tübingen, die nie auf ihr Strickzeug verzichten könnte, schätzt die Nähe zur Natur und zu den Bergen: «Von St. Gallen ist man in zehn Minuten im Grünen, schnell in den Bergen beim Wandern oder auch auf dem See beim Segeln.» Als diplomierte biomedizinische Analytikerin untersucht sie im Labor für Histopathologie Gewebeproben: «Ganz zu Beginn hier in St. Gallen meinte meine Vorgesetzte, ich solle noch die Hutproben bearbeiten, und liess mich ratlos zurück … Es hat eine Weile gedauert, bis ich verstanden habe, dass die Schweizer zur Haut ‹Hut› sagen!»

Abgesehen vom Schweizer Dialekt gibt es aber kaum Verständigungsprobleme, schnell wechselt die Sprache im Personalhaus auf Englisch. Die verschiedenen Nationalitäten und Kulturen zeigen sich beispielsweise in der individuellen Ausstattung: Angeblich gibt es einen Mitbewohner, der mit Fritteuse und Thermomix angereist sei. Und jemanden mit einer eigenen Mikrowelle. Jeannette Schrage beschreibt das Leben im Personalhaus wie folgt: «Das Beste hier sind die netten Menschen aus der ganzen Welt und ihre Geschichten, über die ich immer wieder staune. Aus Bekanntschaften werden oft langjährige Freundschaften.»

Kurz & knapp Zwischen zwei Welten